Haushaltsrede 2025
FDP-Ratsfraktion Leverkusen
07. Juli 2025
Jörg Berghöfer, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung und der Presse, liebe Demokraten.
Die Haushaltsplanung ist eine der wichtigsten Aufgaben, die wir als Kommunalpolitikerinnen und -politiker zu bewältigen haben. Sie ist Grundlage für die Entwicklung unserer Stadt, für Investitionen in die Zukunft und für die Bewältigung aktueller Herausforderungen. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Spiegelbild unseres finanziellen und politischen Handelns – und damit ein Gradmesser dafür, ob wir unsere Aufgaben verantwortungsvoll wahrnehmen.
- Allgemeine Einschätzung zum Haushaltsentwurf
Mit großem Interesse haben wir den vorgelegten Haushaltsentwurf studiert. Es ist unbestritten, dass die Stadt Leverkusen vor enormen Herausforderungen steht: Die Energiekrise, die Inflation, die gestiegenen Personalkosten und nicht zuletzt die Auswirkungen des Ukraine Krieges belasten die kommunalen Haushalte in ganz Deutschland. Da unsere Stadt weiterhin sehr stark von der Chemischen Industrie abhängt, haben uns diese Krisen besonders getroffen.
- Gewerbesteuerentwicklung: Wunschdenken oder Realität?
Bereits im letzten Jahr habe ich als Fraktionsvorsitzender der FDP darauf hingewiesen, dass die prognostizierten Steigerungen der Gewerbesteuer als Wunschdenken zu betrachten sind. Leider hat sich diese Einschätzung bewahrheitet. Die tatsächlichen Einnahmen liegen deutlich unter den Erwartungen. Das ist keine Überraschung, sondern das Ergebnis einer nicht ausreichend realistischen Einschätzung der wirtschaftlichen Lage. Wir müssen uns der Realität stellen: Die Steuerprognosen sind zu optimistisch gewesen, und das hat dazu geführt, dass wir heute vor einem Haushalt stehen, der nicht nur auf wackligen Füßen steht, sondern keineswegs geeignet ist, uns aus der Haushaltskrise zu führen.
Dennoch war der Entschluss unseren Gewerbesteuersatz auf 250 Punkte zu senken, ein richtiges Signal, an dem wir unbedingt festhalten sollten.
- Notwendigkeit eines Umdenkens in der Personalpolitik
Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf die Personalpolitik legen. Unsere Stadt steht vor der Herausforderung, ihre Aufgaben mit einem effizienten und leistungsfähigen Verwaltungsapparat zu bewältigen. Doch leider müssen wir feststellen, dass Leverkusen im Vergleich zu anderen Städten – wie zum Beispiel Solingen – mit einem deutlich größeren Personalbestand arbeitet, insbesondere in Bereichen wie dem Gleichstellungsbüro, der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie im Bereich Klima und Mobilität.
Ich frage mich: Wozu brauchen wir so viele zusätzliche Stellen, wenn vergleichbare Städte mit weniger Personal auskommen? Es ist dringend notwendig, hier umzudenken. Wir müssen die Effizienz unserer Verwaltung überprüfen und sicherstellen, dass jeder Euro, den wir ausgeben, auch wirklich sinnvoll eingesetzt wird. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns, dass wir mit ihren Steuergeldern verantwortungsvoll umgehen.
Wenn wir die Digitalisierung schnell vorantreiben, ist es sicherlich möglich die gleichen Aufgaben mit weniger Personal zu bewerkstelligen.
Ich möchte aber betonen, dass bei den Personaleinsparungen die Bildungspolitik nicht betroffen sein soll. Die Kinder sind unsere Zukunft. Unsere Kinder werden in Zukunft mit vielen Problemen fertig werden müssen, so dass wir ihnen die bestmöglichen Startvoraussetzungen mitgeben müssen.
- Immobilienstrategie : Weniger ist mehr – auch bei städtischen Gebäuden
Wir leisten uns einen Wildwuchs von Standorten, der weder effizient noch finanziell nachhaltig ist. Das ist kein Verwaltungsdezentralismus mehr – das ist ein städtebaulicher Hindernisparcours mit hohem Energieverbrauch und niedriger Produktivität.
Wir fordern daher eine konsequente Überprüfung aller städtischen Verwaltungsstandorte.
Ziel muss sein :
- Sinnvolle Reduzierung
- Standortkonzentration mit digitalem Rückenwind
- Und der Verkauf von nicht benötigten Immobilien – um Eigenkapital zu generieren, statt weiter Schulden zu machen.
Denn eines ist klar : jeder Quadratmeter, den wir nicht brauchen, kostet uns bares Geld. Und im Haushalt ist jeder Euro, den wir nicht ausgeben, ein Gewinn für die kommenden Generationen.
- Anpassung der Grundsteuer – Für mehr Gerechtigkeit
Die Reform der Grundsteuer, die durch das Land erfolgte, ermöglichte eine gerechtere Verteilung der Steuerlast zwischen den Eigentümern von Altbauten und Neubauten. Denn die bisherige Berechnung war in vielen Fällen weder transparent noch fair – sie beruhte auf veralteten Einheitswerten, die die Realität auf dem Immobilienmarkt längst nicht mehr abbilden.
Es ist völlig normal und richtig dass sich im Zuge der Reform die individuellen Steuerbeträge verschieben :
Einige Eigentümer werden künftiger weniger bezahlen, während andere, etwas mehr beitragen müssen.
Was aber nicht sein darf, dass die Stadt Leverkusen im letzten Jahr auf rund 10 Millionen Euro Grundsteuereinnahmen verzichtet hat – obwohl das Steueraufkommen laut Gesetz eigentlich stabil bleiben sollte. Das ist nicht nur ein Haushaltpolitisches Problem, sondern auch ein Zeichen dafür, dass wir hier dringend nachsteuern müssen.
Unsere Forderung ist klar :
- Aufkommenneutralität sicherstellen,
- Transparenz für alle Eigentümer schaffen,
- Und die Grundsteuer, als das zu behandeln, was sie sein soll. Ein fairer Beitrag zur Finanzierung der städtischen Infrastruktur – nicht ein heimlicher Griff in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger.
Die FDP Fraktion setzt sich dafür ein, dass die Reform nicht zur Belastung wird, sondern zur Chance – für mehr Gerechtigkeit, mehr Vertrauen und eine solide städtische Haushaltsplanung.
- Städtische Tochterfirmen
Die Stadt Leverkusen unterhält derzeit gemeinsam mit der Stadt Köln eine Gesellschaft, die für die Bereitstellung und Betreuung von IT-Infrastruktur, Computern und Software verantwortlich ist, die ivl. Auf den ersten Blick klingt das nach interkommunaler Zusammenarbeit – auf den zweiten Blick aber zeigt sich ein gravierender Systemfehler.
Denn: Ausschließlich die Stadt Leverkusen vergibt operative Aufträge an diese Gesellschaft. Köln ist formal beteiligt, bringt jedoch keine eigenen Aufträge ein. Trotzdem werden die Gewinne am Ende zwischen beiden Städten geteilt.
Das bedeutet im Klartext:
Leverkusen zahlt – Köln profitiert.
Dieses Konstrukt ist weder wirtschaftlich sinnvoll noch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in Leverkusen verantwortbar. Das widerspricht jedem Prinzip einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit.
Die FDP-Fraktion fordert deshalb die Auflösung dieser Gesellschaft in ihrer heutigen Form. Wir setzen uns stattdessen ein für:
- eine Ausschreibung der IT-Leistungen auf dem freien Markt,
- Kooperationen mit regionalen und leistungsfähigen IT-Dienstleistern,
- und eine effiziente, transparente Vergabe, die Leverkusen wirtschaftlich nützt – nicht schadet.
Unser Ziel ist klar:
Mehr Effizienz, mehr Wettbewerb, mehr Leistung fürs Geld – und kein finanzieller Dauerauftrag nach Köln.
Denn gute digitale Infrastruktur ist kein Selbstzweck – sie muss zuverlässig, wirtschaftlich und fair organisiert sein. Dafür steht die FDP.
- Investitionen in die Zukunft – aber wie?
Natürlich ist es richtig, in die Zukunft unserer Stadt zu investieren. Wir brauchen gute Schulen, eine leistungsfähige Infrastruktur, attraktive Freizeitangebote und eine nachhaltige Stadtentwicklung. Doch Investitionen allein reichen nicht aus, wenn wir die finanziellen Grundlagen nicht sichern. Wir müssen ehrlich zu uns selbst sein: Wenn die Einnahmen ausbleiben, müssen wir auch bei den Ausgaben konsequent sein.
Um die Verwaltung zu entlasten, und gleichzeitig dringend benötigte Handlungsspielräume zu schaffen, wollen wir drei Schulbauten, an unsere städtische Tochterfirma, der LEVI übertragen. So können Projekte, effizienter realisiert werden – denn Bildung ist für uns Priorität 1.
- Fazit: Keine Zustimmung zum Haushalt, aber Bereitschaft zur Vertagung
Vor diesem Hintergrund kann ich als Fraktionsvorsitzender der FDP dem vorliegenden Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Ich sehe zu viele Unsicherheiten, zu viele Wunschvorstellungen und zu wenig Realitätssinn. Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt erwarten von uns, dass wir verantwortungsvoll handeln und nicht auf Kosten der Zukunft leben.
Dabei dürfen wir nie vergessen. Es ist nicht das Geld der Verwaltung, über das wir entscheiden – es ist das Geld der Bürgerinnen und Bürger, welches wir treuhänderisch verwalten.
Allerdings bin ich bereit, einer Vertagung der Haushaltsberatungen in die Ratssitzung im Oktober zuzustimmen. Damit geben wir uns die Chance, die aktuellen Entwicklungen noch einmal genau zu analysieren, die Prognosen zu überprüfen und gegebenenfalls nachzusteuern. Wir sollten diese Zeit nutzen, um gemeinsam nach besseren Lösungen zu suchen.
- Appell an die Vernunft
Die Zeit der kommunalpolitischen Romantik ist vorbei, jetzt brauchen wir nüchterne Effizienz – und den Mut Strukturen zu ändern, die nicht mehr passen. Unserer Meinung nach, sollten auch die Bezirksvertretungen dazu beitragen, etwas zu sparen. Aus diesem Grund hatte die FDP-Fraktion vorgeschlagen, die Mittel für die Bezirksvertretungen zu kürzen. Dieser Vorschlag wurde von der Verwaltung im HSK aufgegriffen
Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung übernehmen – für unsere Stadt, für die Bürgerinnen und Bürger und für die nachfolgenden Generationen. Lassen Sie uns die Chance nutzen, die uns die Vertagung bietet, und arbeiten wir gemeinsam an einem Haushalt, der den Namen verdient, denn wie es bei uns Karnevalisten heißt :
„Et hätt noch immer jot jejange“ – … aber nur, wenn wir vorher die Zahlen ordentlich sortieren.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!