Haushaltsrede zur Etat-Debatte 2017

                                                

  1. Februar 2017

Dr. Monika Ballin-Meyer-Ahrens, RatsgruppensprecherinFDP-Ratsgruppe Leverkusen     

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Rat, verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung und der Presse!

Wie immer teile ich unsere Entscheidung zum Haushalt zu Anfang meiner Ausführungen mit: Die FDP-Ratsgruppe wird dem Haushaltsentwurf zustimmen und ebenso der Fortschreibung des Haushaltsanierungsplanes bis 2021, auch wenn wir Freidemokraten alles andere als glücklich mit dem Haushaltsplanentwurf sowie mit der Finanzplanung sind.

Vorweg einige kurze Erläuterungen zur Finanzmisere der Kommunen in NRW. Man muss mittlerweile sagen, dass nur in unserem Bundesland Kommunen so schlecht behandelt werden, dass kommunale Selbstverwaltung – ein hohes Gut im föderalen System – in der Realität in NRW kaum noch existiert. Die Kommunen in diesem Land müssen für alle übergeordneten Aufgaben einen hohen Finanzanteil beisteuern, sei es der KiTa-Ausbau, sei es die Flüchtlingsunterbringung (die in anderen Bundesländern zu 100% erstattet wird, so dass die dortigen Kommunen nur für die ordentliche Versorgung und Integration der Flüchtlinge sorgen müssen), sei es die nun drohende Unterhaltsvorschussregelung, die zwar für die betroffenen Familien überfällig und richtig ist; die Lasten müssten aber die Länder und der Bund tragen und nicht, wie in NRW, die Kommunen.

Kommunen wie Leverkusen sind zwangsverpflichtet, Umlagen an den Landschaftsverband Rheinland zu entrichten – gerade beim LVR könnte man die Frage stellen, ob wirklich all die Aufgaben dort erledigt werden müssen. Dann haben wir eine Bezirksregierung, die mit ihren Vorgaben den Handlungsspielraum der Kommunen massiv einschränkt, gleichzeitig aber Genehmigungsbehörde für den Haushalt ist, und der für Haushaltsverbesserungen ausschließlich das fantasielose Erhöhen von Abgaben und Steuern einfällt. Und zukünftig werden wir noch Zwangsmitglied in der Metropolregion Rheinland, wieder mit Umlagen in unkalkulierbarer Höhe, wieder mit neuen Verwaltungsstrukturen, die sich sicherlich in vielen Bereichen mit schon vorhandenen doppeln, bei Bezirksregierung oder LVR. Es kommt immer mehr Bürokratie obendrauf, aber nie wird etwas reduziert. Diesen Strukturfehler in NRW gilt es, so schnell wie möglich anzupacken und zu korrigieren, zum Wohle der Kommunen. Aber das wird mit der derzeitigen Landesregierung nicht zu machen sein.

Die lässt es geschehen, eine Kommune wie Leverkusen finanziell zu strangulieren, um dann gönnerhaft über einen Dschungel von Fördertöpfen Fördermittel kontrolliert auszuschütten. Dafür verlangt die Landesregierung dann auch noch Dankbarkeit. Siehe die Integrierten Handlungskonzepte oder Projekte wie Gute Schule 2020. Dafür werden auf Landesebene neue Schulden gemacht. Wir müssen uns in Leverkusen zwangsweise mit hohem Defizit von mehr als 52.000 € (im Jahr 2015, Tendenz steigend) an der Beitreibung ausstehender GEZ-Gebühren beteiligen, gleichzeitig haben wir aber nicht das Geld, z.B. unser Tierheim angemessen finanziell auszustatten.

Wahre kommunale Selbstverwaltung heißt für uns Freie Demokraten, dass die Kommune einen großen Handlungsspielraum hat und Aufgaben, die ihr von Land und Bund auferlegt werden, zwar gewissenhaft erledigt, aber eben eins zu eins finanziert bekommt. Dem Konnexitätsprinzip, demzufolge die Staatsebene, die für eine Aufgabe verantwortlich ist, auch für die Finanzierung zuständig ist, muss wieder Geltung verschafft werden. Vereinfacht ausgedrückt: „Wer bestellt, muss auch bezahlen.“

Die Gewerbesteuer ist neben der Grundsteuer die bedeutendste selbstregulierte kommunale Einnahme. Sie hat sich in heutiger Zeit völlig überlebt, gehört abgeschafft und muss durch ein anderes, kalkulierbares Einnahmensystem ersetzt werden. Diese Aufgabe obliegt dem Bund, und auch hier muss endlich Reformmut gezeigt werden. Vorschläge der Wissenschaft gibt es seit langem und zuhauf.

Nun zur Situation in Leverkusen selbst:

Die Haushaltssanierung läuft jetzt seit 2010 und seitdem ist in Politik und Verwaltung kein notwendiger „großer Wurf“ zur Haushaltskonsolidierung gelungen. Vielmehr sind die meisten Entscheidungen mutlos, zögerlich und halbherzig getroffen, oft sogar durch spätere Anträge und Entscheidungen wieder aufgehoben worden. So sieht kein nachhaltiges, sparsames und zukunftsorientiertes Wirtschaften aus, meine Damen und Herren. Und diese Art Politik zu machen, hat in Leverkusen Tradition. Mein Vorvorgänger Arndt von Egidy hat in der Ratssitzung im August 1994 anlässlich eines Haushaltsdefizits von 80 Mio. DM zum wiederholten Male angemahnt, dass die Verwaltung in Leverkusen ihre Arbeitsabläufe optimieren muss. Diese Aufforderung kann ich hier und heute nachdrücklich wiederholen. Ansonsten wird keine Haushaltssanierung erreicht werden.

55 Mio € Defizit im Gesamtergebnis sowie eine erneute Verringerung der allgemeinen Rücklage in gleicher Höhe sind kurz vor dem Jahr 2018, in dem die „schwarze Null“ erreicht werden muss, ein mangelhaftes Ergebnis. Und das, obwohl schon wieder die Grundsteuern erhöht worden sind. Ganz nebenbei: Diese Steuererhöhung ist unsozial, da sie Geringverdiener am stärksten trifft! Die Bürgerinnen und Bürger werden zur Kasse gebeten, haben von den Steuer- und Abgabenerhöhungen keinen Mehrwert. Aber auf der anderen Seite hat die Verwaltung ihre Vorgaben zur wirtschaftlichen Optimierung des eigenen Betriebes zu null eingehalten! Der Stillstand bei den Beratungen zur notwendigen Reform der KSL, seitdem die Konzepterarbeitung für das Schloss Morsbroich an eine private Gruppe vergeben wurde, spricht da Bände.

Für Kinderbetreuung, Feuerwehr und Flüchtlingsbetreuung mussten neue Stellen eingerichtet werden. Deshalb ist es umso nötiger, die Verwaltung dort zu verschlanken, wo Bürokratie unübersichtlich und teils widersprüchlich geworden ist. Einfach Stellen zu streichen oder nicht wieder zu besetzen, ist keine Lösung. Nur wenn Aufgaben vereinfacht, ausgedünnt, auf Online-Services umgestellt werden, können Arbeitskräfte für andere Tätigkeiten eingesetzt werden und Stellen entfallen, die durch Fluktuation frei werden. Und ich rate Ihnen dringend, Herr Oberbürgermeister, sich dazu mal die Kommunen anzuschauen, die uns da rechts und links überholt haben, wie u.a. Essen.

Warum brauchen wir in Leverkusen ein strengeres Baurecht, als Land und Bund vorgeben? Warum brauchen wir kompliziertere Umweltauflagen, als Land und Bund vorgeben?

Ich behaupte, weniger Bürokratie ist mehr. Einfacher ist immer bürgerfreundlicher. Und ganz nebenbei sollten die Ratsvertretungen auch bei sich selbst sparen und Zuwendungen reduzieren. Außerdem brauchen wir in Leverkusen dringend eine Schuldenbremse, eine Art dauerhafte Haushaltssperre! Nur so kommen wir dem Sparziel eines ausgeglichenen Haushaltes ab 2018 näher.

Und solange die Gewerbesteuer so ist wie sie ist, müssen wir uns arrangieren. Die großen international aufgestellten Unternehmen in Leverkusen werden auch in Zukunft alle legalen Steuersparmodelle nutzen, wie z.B. die Verrechnung mit Verlusten aus Auslandsgeschäften. Was sollten sie im internationalen Wettbewerb auch anderes tun? Wir werden – vollkommen unabhängig von der Konjunktur! – mit schwankenden und unberechenbaren Einnahmen aus dieser Steuer leben müssen. Umso wichtiger ist die Ansiedlung neuer und die Unterstützung bestehender mittelständischer Betriebe, die für weitaus verlässlichere Einnahmen sorgen und letztendlich das Rückgrat für die heimische Wirtschaft bilden, auch hinsichtlich der in Leverkusen im Vergleich immer noch viel zu hohen Arbeitslosigkeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorlegte HH ist der letzte vor der Vorgabe, eine schwarze Null zu schreiben. Haben Sie sich mal die Zahlen für 2018 ff angesehen? Wo sollen die großartigen Ergebnisverbesserungen, die da in Zahlen aufgeführt sind, eigentlich herkommen? Warum werden plötzlich beim Gesundheitsdienst nur noch 4200 € für Überstunden eingeplant, obwohl in 2016 noch 81.000 €  benötigt wurden? Raumplanung: 2016 = 14 Mio €, 2017 = 12 Mio € und ab 2018 nur noch 7 Mio Finanzbedarf, wie kann das sein? Und das Defizit der Wochenmärkte geht geplant von 33.000 € in 2016 auf ca. 4.000 € pro Jahr ab 2017ff zurück. Um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

Die FDP hält diese Zahlen für ominös. Sie erwecken den Eindruck von Schönrechnerei, um formalen Haushaltsbewilligungsregeln zu entsprechen, und werden uns auf die Füße fallen. Ohne grundsätzliche Strukturänderungen insbesondere in der Verwaltung und – angesichts des hohen Personalkostenanteils im Haushalt unvermeidbar – ohne eine nachhaltige Reduzierung der Personalkosten werden Sie, Herr Oberbürgermeister, das Ziel der Haushaltssanierung verfehlen. Und mit Ihnen wir, der Rat. Wollen wir das? Ich will das nicht!

Und deshalb werden Sie und die Verwaltung die Leverkusener FDP stets an Ihrer Seite haben, wenn es gilt, mutige und kreative Entscheidungen zur Haushaltssanierung und zum Wohle unserer Stadt zu treffen. Der jetzige Haushaltsplan kann dafür nur das Grundgerüst sein. Und in diesem Sinne stimmen ihm die Freien Demokraten zu.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!